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Donnerstag, 14. Juli 2016

TRÜFFELSUCHE







Das grüne Herz Italiens, wie die Provinz Umbrien genannt wird hat keinen Zugang zum Meer und findet deshalb bei Urlaubern weniger Beachtung, als die Küstenstreifen. Es gibt nur einen großen See, den Lago Trasimeno, der in der Geschichte schon sehr früh Erwähnung findet, indem Hannibal mit seinem Heer die Römer in einer denkwürdigen Schlacht in den nicht allzu tiefen Fluten versenkte.
Die Liebe zu dieser Gegend wurde bei mir auch eher zufällig geweckt, als meine Tochter vor vierzehn Jahren die Universita per Stranierei in der Hauptstadt Perugia für ihr Studium der italienischen Sprache auswählte.

Noch nicht so sehr vom Tourismus erschlossen, liegt nicht wie an den Stränden der Geruch von Benzin und Sonnenöl in der Luft, sondern das Aroma von Pinien, Lorbeer und Rosmarin. Im Mai legt sich noch der schwere, süße, fast betäubende Duft der Akazien darüber.
Ein Paradies, nicht nur für die Nase sondern auch für den Gaumen. Die weitläufigen Wälder beherbergen außer Trüffel und Steinpilze, zur Freude der vielen begeisterten Jäger auch verschiedene Arten von Wildtieren.

In kleinen Läden hängen Speck und Würste aus Norcia vom Himmel, wie die sprichwörtlichen Geigen. Der etwas dumpfe Geruch vermischt sich mit dem salzigen von Pecorino-Käse und dem muffigen von unterschiedlichen Hülsenfrüchten, die oft in Jutesäcken gelagert werden.
Nicht nur die Wälder sind am Grün der Landschaft beteiligt, sondern auch die ausgedehnten Olivenhaine, die hochwertiges Öl liefern und auf den Hügeln wachsen die Reben für einen Montefalco Rosso oder den schweren Sagrantino. Ein gehaltvoller Weißwein wird um die Stadt Orvieto angebaut.

Mit viel Liebe und Fantasie werden aus diesen Zutaten in kleinen Trattorien einfache, traditionelle Gerichte komponiert.
Stundenlang geschmortes Wildschweingulasch. Zuppa di Fagiolina, eine Bohnensuppe aus den kleinen Bohnen, die nur in der Umgebung vom See wachsen. Die kleinen Berglinsen aus Castelluccio und Porchetta, ein Schweinerollbraten, gewaltigen Ausmaßes gefüllt mit Fenchelsamen, Rosmarin, Zitrone und Knoblauch. Wie bei uns in den Würstchen-Ständen werden Scheiben davon in einem Brötchen auf Märkten verkauft, oder in Metzgereien angeboten.
Selbstverständlich werden auch die Fische vom See auf die unterschiedlichste Art zubereitet.

Diese Spezialitäten entdeckt man am Besten selbst vor Ort und nicht durch die Empfehlung eines Reiseführers.
Vor den aushängenden Speisekarten an den Trattorien stehen bisweilen ratlos dreinblickende Touristen, die sich leicht erkennbar, durch Bequem-Sandalen, in denen weiße Beine stecken ausweisen. Um keine Überraschung zu erleben, entscheiden sie sich letztendlich für die Touristenfalle gegenüber und bestellen Pizza oder Caprese wie beim Italiener zu Hause.

Hat man einmal sein Lieblingslokal entdeckt und freut sich im nächsten Urlaub auf den herzlichen Empfang, existiert sie nicht mehr, oder sie hat den Besitzer gewechselt. Mit wenigen Tischen, im Kampf gegen große Restaurants geben viele auf.
So erinnere ich mich an handgemachte Pici, die dicken Nudeln mit Entenragout, begleitet von einer freundlichen Bedienung. In neuem Gewand gleicht dieses Restaurant einer Massenabfertigung und die völlig überforderten jungen Leute rasen zwischen den Tischen hin und her.
Die Karte macht trotzdem einen ansprechenden Eindruck und bestelle einen kleinen Kartoffelauflauf mit Trüffeln. Diese Sommertrüffel haben einen dezenten Geschmack und sind auch weniger kostspielig.
Beinahe ahnte ich meine Fehlentscheidung schon. Die aufgetürmten Kartoffeln schwammen in einer dicken, fast schwarzen Soße, deren extremer Trüffelgeschmack mit Sicherheit chemischen Ursprungs war.
Meine Geschmacksnerven wurden dermaßen beleidigt, dass sie seither jede Art von Trüffeln verweigern.

Aber da war doch noch dieser Amerikaner, der sich in der Lebensmitte zusammen mit einem italienischen Koch seinen Traum erfüllte und an historischem Ort ein kleines, romantisches Lokal eröffnete, wo er die traditionelle umbrische Küche pflegt.
Die Tische reihen sich noch immer entlang der Hauswand, nur dass uns statt eines zuvorkommenden, engagierten Amerikaners, diesmal ein lustloser, phlegmatischer Italiener bedient.
Ich bestelle aus der Karte handgemachte Tortellini in Safransoße.
Safran, das Gewürz der Könige und das teuerste überhaupt. Die feurig roten Samenfäden der Krokusse werden in Citta delle Pieve von Hand gezogen und verleihen einem Gericht mit nur ganz wenigen Fäden eine leicht gelbliche Farbe und ein einzigartiges Aroma.
Ich muss nicht einmal probieren, um festzustellen, dass ich für dumm verkauft wurde. Die Tortellini hatten zuvor ihr Dasein im Supermarkt gefristet und schwammen nun in einer quietschgelben Soße, die sich als völlig geschmacksfrei herausstellt. Die Farbe wurde wohl unter Zuhilfenahme von Kurkuma erzielt, ein zwar sehr bekömmliches Gewürz, aber doch nicht das gewünschte.

Trotz ein paar unliebsamer Überraschungen gibt es sie noch, die kleinen Familienbetriebe, in denen „La Mama“ manchmal ohne einen Ruhetag in der Küche steht und aus den Zutaten, die ihr die Natur bietet die herrlichsten Dinge zaubert.



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