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Dienstag, 28. April 2015

Hexen



Hexen sind hässliche alte Weiber, hausen im dunklen Tann, wo sie kleinen Kindern auflauern, um sie mit Süßigkeiten zu mästen.
Trotz ihrer Kenntnis, um geheimnisvolle Zaubertränke, ist der Rücken von Osteoperose gekrümmt und die Fingergelenke sind arthritisch verdickt.
Für ihre Flugreisen wählen sie einen wenig komfortablen Besen, der sie allerdings schneller befördert, als jedes andere Verkehrsmittel.

Ein Mythos aus längst vergangenen Zeiten. Vergesst, was ihr darüber gehört habt!

Hexen tragen Armani, reisen bequem im Cabrio und - sind rothaarig.
Ihr Körper ist aufgrund Pilates gestählt.Die Haut ist weiß und durchsichtig bis auf die feinen Blutgefäße. Die roten Pigmente der dichten Mähne strahlen im Licht.

Ihre Magie ist wesentlich subtiler.
Männer verzaubern sie in Traumprinzen. Aber wehe,wenn diese in Ungnade fallen, dann werden aus ihnen flügellahme, komische Vögel.

Deshalb hütet euch vor den Töchtern der Wikinger!




Mittwoch, 15. April 2015

Phase 3






Sammeln gehört wohl zu den Urinstinkten des Menschen. Kaum geboren, noch bevor wir selbst dazu in der Lage sind wird für uns gesammelt. Meist sind es kleine Geschenke aus Gold oder Silber, die als Andenken an den Tag der Taufe gedacht sind und uns ein ganzes Leben begleiten sollen.
An der Kommunion oder Konfirmation wird diese Sammlung noch erweitert und zur Hochzeit richtig ausgebaut. Als Tochter konnte man zu meiner Zeit ohnehin noch eine umfangreiche Aussteuer vorweisen. Alles Werte, welche die Zeit überdauern.
Kommt das erste Kind, gibt es wieder eine Vielzahl von Anschaffungen bei denen man hofft, sie finden eine weitere Verwendung und lagert sie bei ausreichendem Platz vorsorglich ein.
Tag für Tag geht man über viele Jahre hinweg zur Arbeit, um Geld zu verdienen von dem noch mehr Dinge angeschafft werden. Die Geschenke werden größer und vielleicht wertvoller. Das meiste davon verfügt auch nur über eine geringe Halbwertszeit, da nur einem kurzlebigen Trend gefolgt wurde oder die von der Industrie vorgesehene Haltbarkeitsdauer abgelaufen ist.
So versammeln sich Gegenstände, die nicht gebraucht werden in Räumen, die keine anderweitige Nutzung beanspruchen.

Mit Eintritt in die dritte Lebensphase, dem Rentenalter findet dieser Prozess seinen Abschluss. Man spürt dass etwas völlig Neues beginnt.
So wie sich die Natur verändert, sind auch wir dem Wandel unterworfen. Jedoch Veränderung erfordert Mut und die Kraft seine sichere Komfortzone zu verlassen und sich von Liebgewordenem zu trennen.
Als Erstes sollte man all das in Frage stellen, was die Zeit überdauert hat, von ihr aber gleichzeitig überholt wurde.
Ob die Ehe gefährdet ist, wenn ich das Brautkleid, das annähernd vierzig Jahre im Schrank überdauert hat weggebe? Bei den Schlittschuhen und Rollerblades, die schon lange auf eine weitere Aktivierung warten ist zu bedenken, dass die Knochen und Gelenke mittlerweile doch einen Teil ihrer Elastizität eingebüßt haben.
Die silbernen Kuchengabeln Modell „Hildesheimer Rose“ haben seit der Konfirmation ihr Dasein vergessen in einer Ecke des Schrankes gefristet und das gute zwölfteilige Tafelporzellan mit Goldrand aus der Aussteuer kommt jährlich einmal an Weihnachten zum Einsatz.
Dann ist da noch das Baby-Bett, bei dem davon ausgegangen wurde, dass irgend ein weiteres Familien-Mitglied seine ersten Wochen darin verbringt. Eigentlich ist doch egal, ob es in direkter Linie weitervererbt wird oder ob sich ganz neue Gene darin entwickeln können.

Im ersten Moment ist Loslassen schmerzlich, aber sobald man die Blickrichtung ändert stellt man fest, dass es sich ohne Ballast glücklicher lebt. Sich leicht und frei wie ein Vogel in die Lüfte zu erheben mit der Neugier auf neue Horizonte. Oder etwa wie Superman? - Weil man sich ein gewisses Maß an Anarchie endlich leisten kann.