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Sonntag, 12. Januar 2014

Too Old To Rock'n Roll, Too Young To Die

Den sechzigsten Geburtstag empfindet jede Frau als den absoluten Supergau. Öfter blickt man nun zurück, als dass man Pläne für die Zukunft schmiedet.
Ideen wurden aufgegriffen und wieder verworfen. Viel wurde erlebt und durchlitten, wobei rückblickend die Probleme der Jugend lächerlich klein wirken, ohne dass ich Sehnsucht nach dieser Zeit hätte, denn das ganze Leben unterliegt dem Wandel.
Nur die Musik, die man damals geliebt hat bleibt.
Man tröstet sich mit der Einsicht, dass die Rock'n Roller von einst inzwischen auch alte Männer sind und trotzdem die gleiche Jugendlichkeit ausstrahlen, die man selbst noch spürt. Obwohl ich dieses Gefühl nicht nach außen trage, in Form von Minirock und Nieten-Klamotten.

Beinahe mitleidig betrachte ich die Frauen, die nach außen nur darauf bedacht sind, dass ihnen nicht der kleinste Makel anhaftet. Die Frisur ist akkurat toupiert, die Bügelfalte sitzt perfekt und der weiße Blusenkragen strahlt makellos. Gefangen in ihren überzogenen Prinzipien und Moralvorstellungen, haben sie versäumt zu leben. Immer mit dem Hintergrund, den Idealen ihres Umfelds zu genügen.

Etwa mit dreißig erschafft man sich ein Bild davon, wie das Alter aussehen könnte. Auf keinen Fall hinfällig, langweilig und spießig!
Später mit sechzig, Saxophon zu spielen, fand ich schräg. Allerdings bedarf es im wahrsten Sinne des Wortes einen langen Atems und sehr viel Zeit.
Auch hätte ich nicht gedacht, dass ich in diesem Alter noch arbeite, jedoch stelle ich heute fest, es ist das beste Mittel, um fit zu bleiben. Andererseits scheint mir die Natur gnädig gestimmt und hat mich bisher vor groben Alterserscheinungen verschont. Bevor sie es sich anders überlegt, entschließe ich mich, diese vielleicht letzte Möglichkeit zu nutzen, mit einem professionellen Foto-Shooting beim Fotografen.

Von einer international arbeitenden Visagistin werde ich passend zum jeweiligen Look geschminkt. Von Jeans bis Cocktail-Kleid wird die ganze modische Bandbreite abgedeckt.
Über mehrere Stunden hinweg werden unendlich viele Bilder an mehreren Locations geschossen: Im Studio, im Freien, in einem Modegeschäft, in einer alten morbiden Wohnung und auf einem stillgelegten Bahngleis.
Sechs Stunden unter ständiger Anspannung - ich bekomme eine Ahnung vom Job eines Models!
Mit dem Ergebnis bin ich äußerst zufrieden und egal, was die Zukunft bringt, dieses außergewöhnliche Erlebnis bleibt mir erhalten.
Beweisen muss man sich nun nichts mehr, man kennt seinen Wert.

Saxophon zu spielen, werde ich nicht mehr lernen, dennoch habe ich eine andere Form des persönlichen Ausdrucks entdeckt: Das Schreiben. Es erfordert einen ebenso langen Atem, doch der Rock'n Roll im Herzen verleiht Kraft und Flügel – noch heute.

-Dank an Nursen und Bernard-









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