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Samstag, 13. Juni 2015

MEIN WEG





WENN meine Freundin nicht nach dem Vorbild ihrers Bruders den Lateinzug am Gymnasium gewählt hätte, wäre die Wahl meines Bildungsweges mit hoher Wahrscheinlichkeit anders ausgefallen und meine Schulzeit in der Erinnerung nicht so negativ belegt.

WENN irgendwer meine Kreativität und Begeisterung für Modedesign wahrgenommen hätte, wäre ich nicht in einem Beruf gelandet in dem ich mich nie wirklich zu Hause gefühlt habe.

WENN ich Anfang der siebziger Jahre aus dem Umfeld der pseudo-intelektuellen Hippie-Szene, die mich als neuer Trend faszinierte nicht verabschiedet hätte um mich in einer Disco der Oberflächlichkeit hinzugeben, wäre ich nicht dem Mann begegnet mit dem ich seit vierzig Jahren mein Leben mehr oder weniger teile.

WENN mich mein Job nicht so angeödet hätte, wäre vielleicht eine große Karriere möglich gewesen, ohne dass meine biologische Uhr unüberhörbar hätte angefangen zu ticken und ich meine Zukunft plötzlich in der Mutterrolle sah.

WENN der Bauträger, bei dem ich um meinen Rentenanspruch nicht zu verlieren gearbeitet habe mich wegen Insolvenz nicht freigestellt hätte, wäre mein Traum von der eigenen Boutique wohl nie in Erfüllung gegangen, der mich allerdings selbst scheitern ließ.

Immer wieder steht man vor der Entscheidung, die eine oder andere Richtung einzuschlagen. Kein Weg ist genau vorgezeichnet. Die einmal getroffene Entscheidung kann allerdings nicht revidiert werden und den einmal gewählten Weg muss man unaufhörlich weitergehen. Ein Zurück, um eine andere Richtung einzuschlagen gibt es nicht.