Translate

Sonntag, 20. April 2014

Teenagerträume











Ba Ba Ba Barbara Ann …
Zum dritten Mal legt Jana den Arm ihres Plattenspielers auf die Single, ihre einzige, aber vom knapp bemessenen Taschengeld einer Vierzehnjährigen lassen sich nicht viele Wünsche erfüllen. Der Hit des Jahres 1965 von den Beach Boys klingt nach Freiheit, Sonne, Strand und schönen Menschen.
Schon wieder ist Sonntagabend und für Jana beginnt von neuem eine qualvolle Woche. Physik, Latein, Geschichte, in jeder Schulstunde macht sie sich klein auf ihrem Stuhl, als wäre sie nicht vorhanden. Nachmittags Sport, die absolut größte Blamage für jemanden, der die Anmut eines Mehlsackes hat.
Für die Versetzung wird es dieses Jahr nicht reichen, dann blamiert sie sich auch noch bei ihren Eltern.
„Ich bin nur die doofe Dicke, die nie den Mund aufkriegt und unsichtbar für die Anderen ist. Wenn es mich nicht gäbe, würde das doch keinem auffallen!“
Ihre Eltern bemerken nicht, was ihre Tochter quält, wenn sie am Tisch sitzt und immer brav ihren Teller leert. Essen vertreibt bekanntlich Kummer, allerdings ist der Kummer jedes Mal noch viel größer, wenn sie die weiblichen Stars in der 'Bravo' in ihren schicken Minikleidern sieht, in die sie nicht passt.
So wie Twiggy auszusehen, davon träumt sie. Nicht mehr schüchtern zu sein und immer etwas Schlaues von sich geben zu können, dann würde man sie zu jeder Party einladen und sie wäre dort der Mittelpunkt.
„Ich muss selbst etwas ändern!“ Sie beschließt, sich ab sofort dem Füttertrieb der Eltern zu widersetzen.
Ihr Durchhaltevermögen zeigt schon nach kurzer Zeit Erfolg. Ohne so dünn wie Twiggy auszusehen, schafft sie es dennoch schlank zu werden.
Mit einem Gespür für modische Trends und handwerklicher Begabung, kopiert sie diese Designer-Kleidchen und wird von ihren Freundinnen beneidet. Von Tag zu Tag wächst ihr Selbstbewusstsein und eine körperliche Ausstrahlung gewinnt sie durch Tanzunterricht.
Das Wiederholen der neunten Klasse ist nicht mehr abzuwenden und die Eltern machen ihr Vorhaltungen, sie habe zu viele andere Dinge im Kopf, womit sie ja nicht Unrecht haben. Als anderer Mensch kommt sie in eine neue Klasse und wird sofort in die Gemeinschaft aufgenommen.
Mit 17 beschließt sie trotzdem, der Quälerei ein Ende zu setzen und nach der zehnten Klasse von der Schule abzugehen.
Gedanken darüber, wie ihr beruflicher Werdegang aussehen könnte und wo eventuell ihre Neigungen liegen macht sie sich nicht. Papa kümmert sich wie immer darum:“Am sinnvollsten ist, du machst eine Lehre in meinem Büro.“ Der Meinung schließt sich Jana an, denn es ist für sie bequem und einen Plan hat sie ohnehin nicht.
Mit einer Gartenparty verabschiedet sie sich von ihren Schulfreunden. Super sieht sie aus in ihrem gelben Kleid mit dem goldenen Kettengürtel. Das findet auch Roland, der mit seinem Freund Michael unangemeldet erscheint. Roland ist 23 und Student und vor allem: Er hat ein Auto!
Jana platzt beinahe vor Stolz dass er sich nur für sie interessiert. “Keine meiner Freundinnen hat so einen tollen Freund und endlich kann ich sie alle beeindrucken!“ denkt sie sich.
Zu jeder Verabredung holt er sie mit dem Auto ab, er lädt sie zum Eis oder Kaffee ein, doch so stolz sie auch ist, in seiner Gegenwart fühlt sie sich wie ein kleines Dummchen.
„Kommst du kurz mit hoch, ich muss noch was aus meiner Bude holen?“ Natürlich ist sie gespannt, wie er wohnt und betritt eine karg möblierte Studentenbude. Kaum hat Jana Zeit, sich in dem Zimmer umzusehen, da beginnt Roland ihr unter den Rock zu fassen. „Bitte nicht!“ wehrt sie sich, aber davon unbeeindruckt drängt er sie auf das Bett. „Nein, bitte lass das!“ versucht sie es nochmals. „Glaubst du etwa, ich nehm' dich bloß zum Knutschen mit auf's Zimmer? Stell' dich nicht so an!“ Jana traut sich nicht Widerstand zu leisten, aus lauter Angst ihn zu verlieren.
Auf der Heimfahrt kämpft sie mit widerstrebenden Gefühlen. Einerseits fühlt sie sich missbraucht, andererseits ist sie froh, das 'erste Mal' hinter sich zu haben.
Bei der nächsten Verabredung eröffnet er ihr, an einem Modepüppchen kein Interesse zu haben. Diese knappe Mitteilung trifft sie äußerst hart, aber andererseits muss sie sich eingestehen, dass sie eigentlich nicht in ihn verliebt war und sie ihn auch nur als Prestigeobjekt missbraucht hat.
Sie fühlt sich jetzt stark und das Leben kann beginnen.


Keine Kommentare :

Kommentar veröffentlichen