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Sonntag, 3. November 2013

Der Kreislauf des Geldes

Wie Hunde vor einem Metzger-Laden, werden die Männer auf der Sitzgruppe abgelegt, wenn sie samstags mit mehr oder weniger Begeisterung auf Shopping-Tour dürfen.
Geduldig warten sie, bis die Begleiterin ein Modell vorführt und sie um ihr Urteil gefragt werden. Um die Prozedur abzukürzen, fällt es dann auch meistens positiv aus.
Dauert es doch länger, dösen sie vor sich hin, oder schlafen ein, mit zurückgelegtem Kopf und offenem Mund.

Gutsituierte, ältere Herren in Begleitung junger, attraktiver Damen sind dagegen sehr bemüht, diese mit den exklusivsten Teilen auszustatten. Zuweilen kommt diese Dame am nächsten Tag mit der Ware wieder und tauscht sie gegen Bares um. - Auch eine Möglichkeit, um ein Geldgeschenk stilvoll zu verpacken.

Jedem wird mit Diskretion begegnet, und selbst unzufriedene Kunden werden mit ausgesuchter Höflichkeit bedient.
Eine hysterische Mittfünfzigerin möchte reklamieren. Ein Faden hat sich an ihrer Armani-Jacke gelöst. Sie weiß nicht genau wo, und wozu er benötigt wurde, aber sie hatte ihn plötzlich in der Hand.
Die Dame hat keine Zeit und wünscht auch keine Diskussion, deshalb verlangt sie,wenigstens den Abteilungsleiter, oder besser noch den Geschäftsführer zu sprechen. Es stellt sich heraus, es war eine Fixierung der Falten für den Transport, die versehentlich nicht entfernt wurde.
Natürlich wird, um sie zu beruhigen, der Heftfaden wieder eingenäht. - Es bleibt abzuwarten, ob sie das teure Stück mit diesem Accessoire tragen möchte.

Unkompliziert ist die Kundin, die sich aus geschäftlichen Gründen gut kleiden muss. Sie weiß, was sie möchte, und was zu ihr passt. Sie tritt dem Personal respektvoll, und auf gleicher Augenhöhe gegenüber.
Es sind Frauen, die gewohnt sind Menschen zu führen.

Ausgesprochen hochnäsig dagegen gebärden sich verwöhnte Töchter, die mit Mutti und Hundchen im Gucci-Täschchen auftauchen und sich so ausgestattet schon als It-Girl fühlen. Bei der Daunenjacke im vierstelligen Bereich ist sich die junge Dame dann auch nicht sicher, ob bei den Mitschülerinnen der Verdacht aufkommen könnte, sie trage diese Ski-Jacke nur, weil sie sonst nichts anzuziehen habe.

Die allermeisten Mädchen können nur träumen, von der schillernden Welt der großen Mode. Da stehen sie dann auch mit ihren nachgemachten Handtaschen in einer nicht enden wollenden Schlange, um sich ein Buch eines noch wenig bekannten Designers signieren zu lassen. Vielleicht sind sie an dessen Inhalt nicht interessiert, aber sie träumen davon, kurzzeitig in eine glamouröse Aura dieser Persönlichkeit einzutreten.
Oder die Eltern, die mit ihrer Prinzessin über tausende von Kilometern angereist kommen, ersehnen sich diesen Glanz. Damit ihr Marktwert steigt, wird ihr ein neues Näschen verpasst, und zur Belohnung für die Strapaze, erhält sie ein ausgefallenes Designer-Stück.
Überhaupt treffen Kunden aus dem fernen Ausland ihre Wahl sehr zielgerichtet, sobald es sich um ein bekanntes Label handelt. Aber kaum jemand verfügt über alle Sprachkenntnisse, die der Markt heute verlangt, Gebärden jedoch, werden international verstanden.

Leider wissen oft diejenigen, die über die entsprechenden Mittel verfügen, trotz entsprechender Beratung, nicht sich stilvoll zu kleiden und die Tüten fristen ihr Dasein unausgepackt im Schrank. Dagegen bleibt es für diejenigen oft unbezahlbar und unerreichbar, welche die Kostbarkeiten zu schätzen wissen.


Bis ins hohe Alter besteht der Wunsch in Schönheit zu baden, da bilden auch Gehhilfe, Beatmungsgerät oder beginnende Demenz keinen Hinderungsgrund.
Die Schränke quellen über für den Moment des Glücks, in dem die Karte durch den Schlitz des Scanners gezogen wird.
Die Unsichtbaren, die hinter den Kulissen, immer bemüht sind, alles ganz selbstverständlich und edel aussehen zu lassen, leben von diesem Glücksgefühl. Der Kreislauf des Geldes verhilft ihnen zu einem Auskommen.

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