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Sonntag, 21. Januar 2018

VOM ZERSTÖREN UND BEWAHREN






Der Januar legt sich voller Schwermut auf Natur und Menschen. Alles verschwindet im Einheitsgrau, durchbrochen von Regen, Schnee und Orkan Friederike. Mit einer ungeheuren Zerstörungswut fegt er übers Land. Er reißt Bäume, samt Wurzeln aus der Erde und schwere Lastzüge werden umgeworfen, als wären sie Spielzeug.
Wer nicht muss,vergräbt sich in seinen vier Wänden und ergibt sich seiner Melancholie.

Mein Pflichtgefühl sagt mir, ich müsse zur Geburtstags-Gratulation antreten, aber kann ich mich so verleugnen, Menschen zu begegnen, die mit kaltem Herzen die Vergangenheit ausradieren? Es kann doch nichts gedeihen, wenn man die Wurzeln kappt.
Meine Zeit ist mir allmählich zu kostbar, um sie mit den falschen Menschen zu verbringen, deshalb folge ich spontan der Einladung von Wilhelm, ihn und seine Frau in seinem alten Bauernhaus zu besuchen, das er mit viel Liebe und Arbeit zu neuem Leben erweckt hat.
Als ob die alten Balken und die tausend Gegenstände, die gesammelt und in ihrer Ursprünglichkeit bewahrt wurden ihre Geschichten erzählen müssten, hat man das Gefühl, dass hier alles lebt und ihre Stimmen beinahe zu hören sind. In jedem, der vielen Räume, die alle ihren eigenen Charakter besitzen türmen sich Bücher in Regalen bis unter die Decke.
Nicht nur der Ofen aus alten, gesammelten Schamotte-Steinen, sondern auch die Menschen in diesem Haus strahlen eine wohlige Wärme aus, während draußen Friederike tobt.

Zur gleichen Zeit wird ein Kind geboren, das denselben Namen wie meine Tochter bekommen soll. Ist dies nicht ein Beweis, eine Freundschaft auf ganz besondere Weise bewahren zu wollen? Einen Namen verbindet man immer mit einer Person, die dahintersteht und niemand möchte sein Kind mit einer schlechten Assoziation belegen.

Es ist nicht die Lösung unserer Probleme,in der Vergangenheit zu verharren, aber es erdet und lässt Stürme überstehen. Für ein paar Tage gefangen in dieser Stimmung, brauche ich auch etwas bodenständiges in den Magen. Mir ist nach Bratkartoffeln mit Spiegelei in einem historischen Gasthaus,die mir an einem Tisch neben einem alten Backofen serviert werden. Trotz Warnung traue ich mich aus dem Haus, es ist aber nur eine kurze Distanz zu überwinden.

Bald werden uns die ersten Sonnenstrahlen aus unserer Grauzone reißen. Dann begegnen wir den Tagen auch wieder mit mehr Leichtigkeit.



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