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Mittwoch, 17. Dezember 2014

The same procedure as every year






Der ruhigste Ort im Dezember ist die Damen-Abteilung im Kaufhaus.
Frauen sind während dieser Zeit mit ihren Weihnachts-Einkäufen beschäftigt, und weniger an Kleidung interessiert. Eventuell wird noch ein Schal zum Verschenken gesucht, oder sonst eine Kleinigkeit.
Dort ist auch nicht sehr viel von einer Weihnachtsstimmung zu spüren. Irgendwo steht zwar ein Tannenbaum, und die Musik-Berieselung bemerke ich auch nur noch bei genauem Hinhören.
Kurz vor dem Fest suchen manchmal verzweifelte Männer etwas, womit sie ihre Gattin oder Freundin beeindrucken können. Richtig rührend wirken sie in ihrer Hilflosigkeit. Ich gebe mein Bestes. Meistens sehen allerdings die verliebten Augen eines Mannes mehr oder weniger Kurven an ihrer Partnerin, als vorhanden. Haben wir dann zusammen etwas ausgesucht, sind sie so glücklich, als wäre ich ein Engel, der ihnen direkt vom Himmel geschickt wurde.

Am Ende solch eines Arbeitstages trete ich vor die Türe und blicke auf die reich und fantasievoll geschmückten Dächer der Buden des Weihnachts-Marktes. Die ganze Pracht wurde wohl deshalb auf die Dächer verlagert, weil unten durch die dichtgedrängten Menschenmassen der Blick verstellt ist.
Drangvolle Enge überall und ein Durchkommen ist ohne ein gemäßigtes Einsetzten der Ellbogen kaum möglich. Über allem schwebt eine Wolke von aromatisiertem Rotwein. In einer Nische, die durch das zurückwerfen der Schallwellen eine gute Akustik verspricht, stehen ein paar Bläser aus St. Petersburg und spielen Stille Nacht....(Die armen Einwohner von St. Petersburg haben vor Weihnachten keine Musik, weil alle ihre Musiker auf deutschen Märkten stehen).
Die Buden sind auf zwei Plätze verteilt, die durch ein Straße verbunden sind – da muss ich durch. Als wenn man versuchen würde, einen reißenden Strom zu durchqueren, bin ich bemüht, mir einen Weg zu bahnen, immer auf der Hut, nicht vom Glühwein verbrüht zu werden, oder in einem Kinderwagen zu landen.

Ich will meinen Zug erreichen! Beinahe erfasst mich Panik.

Atemlos und erschöpft erreiche ich dann doch meine Bahn, die überfüllt ist mit Personen, die sich, voll bepackt mit Tüten und Kartons ebenso auf dem Heimweg befinden. Manche haben auch etwas zu viel vom Glühwein genossen, und haben Mühe, die Richtung zu finden oder sich aufrecht zu halten.

Bei so viel Weihnachts-Rummel möchte ich zu Hause nur noch abschalten. Dort empfängt mich jedoch die Familie mit ihren Erwartungen.
Meine Mutter verkündet jedes Jahr trotzig, sie bleibe am Fest zu Hause vor dem Fernseher, was natürlich überhört wird.
Die Tochter besteht auf der Tradition, eines reich geschmückten Weihnachtsbaumes, und um uns zu entlasten, möchte sie dies auch selbst vornehmen. Zwei Tage zuvor kommt sie angereist, da sie sich vor Heilig Abend traditionell mit ihren Schulfreunden trifft. Solche Freundschaften sind etwas Seltenes, deshalb wird das Wiedersehen bis in die frühen Morgenstunden gefeiert.
Am nächsten Tag muss ich sie dann um die Mittagszeit, daran erinnern, dass sie den Baum schmücken wollte und sie deshalb langsam aufstehen sollte. Am Nachmittag haben wir dann auch jedes Jahr einen wunderschönen Baum mit Wachskerzen.

Die Ersten sind schon auf dem Weg zur Kirche. Es ist auch Beeilung angesagt, um einen Platz zu ergattern. Denn einmal im Jahr möchte man doch wenigstens für die Kirchensteuer etwas geboten bekommen.
Für mich beginnt in jedem Jahr Weihnachten, wenn vom Rathausturm die Turmbläser Weihnachts-Lieder spielen. Viele versammeln sich auf dem Platz davor und genießen mit mir, den Moment des Abschaltens von der Hektik.

Wieder zu Hause werden die Lichter angezündet und Geschenke verteilt, und anschließend versammeln wir uns um den Tisch zum Festessen. - Ohne einen riesigen Vogel, der uns mit seiner Masse zu erschlagen droht.
Ich koche gerne, sogar sehr gerne, was dazu geführt hat, dass die Ansprüche der Familie auch stetig wachsen. Nach drei Tagen, die ich fast ausschließlich in der Küche verbracht habe, ist der Enthusiasmus trotzdem etwas verflogen.

Am ersten Tag nach Weihnachten, beginnt in in der Damen-Abteilung das eigentliche Weihnachts-Geschäft. Fast jeder hat Urlaub, und den ganzen Stress hinter sich gelassen. Geldgeschenke werden in Waren umgetauscht, Gutscheine eingelöst, und die Männer, die vor wenigen Tagen noch so glücklich schienen, tauschen mit verlegener Miene um.

Ach wie freue ich mich auf den Neujahrstag, da ist Weihnachten noch so weit weg!





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